„Man lebt immer zwischen zwei Welten, zwischen zwei Strömungen, die miteinander ringen und nie endgültig über die jeweils andere siegen.“ Eric Vuillard
Die Marktgemeinde Bad Goisern am Hallstättersee ist ein in vielerlei Hinsicht bekannter Ort. Man denkt an Urlaub, Sport, Bergwanderungen, den Musiker Hubert von Goisern oder die weltberühmten zwiegenähten Schuhe. Goisern steht darüber hinaus für Tradition, Handwerkskunst, Musikalität und – eine schöne Landschaft. Aber auch ganz andere Assoziationen sind mit dem Ort im Inneren des Salzkammerguts verbunden. Goisern wird oft mit den Begriffen „Widerständigkeit“ oder „Rückzugsgebiet“ in historischen Zusammenhang gebracht, durchaus politische Kategorien des Selbstverständnisses der Bewohner bis heute. In den Erzählungen der Einheimischen, aber auch der Auswanderer und der vielen Besucher schwingt mitunter eine Sehnsucht mit, die weit mehr als die Postkartenidylle der Dachstein-Region meint. Viele der Menschen, die hier lebten und fortgingen, kehrten oftmals wieder zurück. Wie in der Liebesballade „Goisern, allweil wieder muaß i z’ruck zu dir“ beschrieben, ist Goisern Heimat und Fluchtort zugleich. Die Forschungsarbeit setzt sich mit der Geschichte eines oberösterreichischen Orts auseinander, dessen Zeitgeschichte bislang wenig erforscht wurde. Die Wahl von Goisern als exemplarische „Ortsgeschichte“ der Jahre 1900 bis 1950 hängt mit der Verbundenheit der Autorin mit dem Ort zusammen, dies ermöglicht den Zugang zu Erinnerungen, die noch nie dokumentiert wurden. Die Forschungsarbeit reflektiert alltagsgeschichtliche Erinnerungen, familiengeschichtliche Erzählweisen und gibt auf unterschiedlichen Ebenen Einblick, wie in dem Mikrokosmos einer ländlichen Gesellschaft totalitäre, autoritäre und faschistoide Politiken entstanden.
Fertigstellung: 2021